Interview mit Svenja Gruszeczka
1.Vorsitzende von Hunderettung Europa

Kannst du ein paar persönliche Informationen mit uns teilen, z.B. Familienstand, Alter, Wohnort, Haustiere?
Ich bin 35 Jahre (Geburtstag: 12.10.1989), lebe zusammen mit meinem Partner, unserer 1-jährigen Tochter, zwei Hunden aus Rumänien, Lilly und Winnie, und zwei Katzen, Pat aus Rumänien und Katie aus einem deutschen Tierheim, in Duisburg in einem kleinen Haus am Waldrand.
Was ist dein beruflicher Background? Was ist deine Expertise und Aufgabe im Verein?
Ich habe Soziologie studiert, währenddessen Erfahrungen im Bereich Presse und Öffentlichkeitsarbeit gesammelt und danach in einem Startup in der Heimtierbranche gearbeitet, was sich für Tierheimtiere eingesetzt hat. Hier war ich Mitarbeiterin im Bereich Social Media, später Teamleiterin und zum Schluss stellvertretende Geschäftsführerin. Ich habe dann aber meinen Job gekündigt, um mich im Bereich Social Media selbständig zu machen und konnte so einige Jahre Berufserfahrung sammeln. Meine Erfahrungen aus der Öffentlichkeitsarbeit konnte ich von Anfang an im Verein mit einbringen und dafür sorgen, dass unsere Tierschutzthemen gesehen und unterstützt werden.
Bei Hunderettung Europa e.V. bin ich die 1. Vorsitzende und unsere Vereinsarbeit ist in zwei grobe Bereiche unterteilt, die jeweils wieder zahlreiche Teams und Unterteams haben. Ich bin für die Teams im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Social Media zuständig.
Wir sorgen dafür, dass die Menschen von unserer Arbeit erfahren, klären bei Groß und Klein über Tierschutz auf, organisieren Rettungs- und Spendenaktionen und realisieren Projekte, Kooperationen und Kampagnen, um Leben zu retten und nachhaltig einen Unterschied zu machen.
Wie bist du zum Tierschutz gekommen? Gab es ein Schlüsselerlebnis?
Ich habe als Kind schon große Empathie Tieren gegenüber gespürt, verletzten Vögeln geholfen oder Schnecken über die Straße geholfen. Als ich mit 8 Jahren verstanden habe, dass Fleisch mal lebendige Tiere waren, wollte ich keine Tiere mehr essen und habe mich dann vegetarisch ernährt. Inzwischen bin ich aus Tierliebe vegan.
Als ich 10 Jahre war, haben wir unseren damaligen Familienhund Sara aus dem Tierschutz adoptiert. Sie war nicht einfach und hat ab und an gebissen. Aber es war für meine Familie nie eine Option, sie abzugeben. Sara wurde so akzeptiert, wie sie war.
Als ich dann in meine erste eigene Wohnung zog, adoptierte ich selbst einen Hund aus dem Tierschutz – Sally, ein sehr ängstlicher Hund aus Spanien. Während meines Studiums wollte ich meine freie Zeit sinnvoll nutzen und gleichzeitig Berufserfahrung sammeln. Also habe ich bei einem regionalen Tierheim ehrenamtlich gearbeitet und für sie eine Facebookseite aufgebaut. Da habe ich dann auch Carina kennengelernt, die dort als Gassigängern ehrenamtlich aktiv war und beim Tierheimfest gefragt hat, wer die leckeren veganen Mettbrötchen mitgebracht hat. Das war ich ;). So kamen wir ins Gespräch und wurden Freundinnen.
Was bedeutet Tierschutz für dich persönlich – in einem Satz?
Empathie allen Lebewesen gegenüber.
Was war bisher eure größte Herausforderung – und wie habt ihr sie gemeistert?
Ende 2022 bzw. Anfang 2023 ist ein Social Media Post von uns viral gegangen, wodurch über 1 Million Euro für die Hunde aus der Tötungsstation gespendet wurden, die alle vor den Feiertagen getötet werden sollten. Wir haben so gehofft, dass wir damit die Tötungsstation kaufen und das Töten dort beenden können. Ich habe mir so sehr gewünscht, nie mehr an diesen Ort gehen zu müssen, in dem Wissen, dass ich dort Hunde zurücklasse, die getötet werden.
Doch die Betreiber wollten nicht verkaufen. Selbst für eine hohe Summe, die wir angeboten haben, weil das Töten der Hunde für sie eine so lukrative, langfristige Einnahmequelle ist. Die Hoffnung, die so groß war, wurde zerstört. Wir konnten aber trotzdem alle Hunde, die zu dem Zeitpunkt in der Hundehölle waren, retten. 250 Leben!
Und wir haben trotz Rückschlag nicht aufgegeben, sondern Pläne geschmiedet, die wir weiter verfolgen, damit die Tötungsstation langfristig schließen muss. Auch wenn es nicht so schnell ging, wie erhofft. Wir machen weiter, wachsen, klären auf, kastrieren und machen uns auf politischer Ebene stark. Bis diese und alle anderen Tötungsstationen schließen!
Wie hat der Tierschutz dein Leben verändert – persönlich und vielleicht auch ganz praktisch?
Tierschutz steckt inzwischen in jedem Bereich meines Lebens, meinem Beruf, meiner Ernährung, der Kleidung, meinem Lebensstil. Ich versuche immer darauf zu achten, keinem Tier zu schaden. Denn ich habe gelernt innezuhalten, hinzuschauen und zu erkennen, dass in jedem Lebewesen ein ganz eigener Charakter schlummert und ein Recht auf Leben hat
Warum hast du dich entschieden, diesen Verein zu gründen?
Um wirklich etwas zu verändern. Und das geht nur, wenn man die Tierschutzarbeit sichtbar macht und viele Menschen mit ins Boot holt. Denn alleine kann ich zwar auch ein bisschen etwas bewegen. Aber je mehr Menschen wir aufklären und mit unserer Arbeit berühren, desto mehr schließen sich uns an, klären auch auf, helfen ehrenamtlich oder spenden. Und ich glaube, das macht Hunderettung Europa auch aus. Wir sind keine kleine Gruppe von Tierfreund:innen. Wir sind ein großes Team, das immer weiter wächst und in dem sich jede:r einbringen kann, der oder die auch unsere Werte teilt. Und gemeinsam sind wir so stark und verändern die Welt für ganz viele Tiere!
Was unterscheidet euren Verein von anderen Organisationen?
Bei uns kann jede:r mitmachen, der oder die unsere Werte teilt. Wir trauen uns, groß zu denken und haben ein großes Netzwerk, eine starke Community und ein großes ehrenamtliches Team. Und wir haben große Pläne ;).
Außerdem unterstützen wir auch andere, kleine Organisationen, z.B. durch Seminare, Sichtbarkeit oder Spenden. Support ist kein Mord!
Was ist dir im Leben besonders wichtig – neben dem Tierschutz?
Die Menschen, die mich umgeben. Am Ende des Tages sind sie es, die da sind, wenn ich alt bin oder es mir mal nicht gut geht. Außerdem ist es mir wichtig, positiv durch das Leben zu gehen, immer wieder dazu zu lernen, mich zu entwickeln, zu verändern und zu wachsen, und die vielen schönen kleinen Dinge zu sehen und zu schätzen.
Gibt es einen Leitsatz oder ein Motto, das dich begleitet?
“This too shall pass” – also “auch das wird vorübergehen”. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass jeder Moment einzigartig ist und sowohl das schöne wieder geht, wie auch schwere Zeiten. Alles ist nur ein Moment und Teil unseres Lebens. Die schönen Momente sollte man bewusst wahrnehmen, schätzen, genießen, fühlen. Und aus den Herausforderungen lernen und wachsen.